Nachhaltige Geldanlagen sind längst nicht mehr nur ein Trend für Öko-Enthusiasten – sie sind zu einem ernstzunehmenden Investment-Thema geworden, das auch steuerlich einige Besonderheiten mit sich bringt. Als ich vor ein paar Jahren selbst angefangen habe, mein Portfolio in Richtung ESG-Investments umzustellen, war ich ehrlich gesagt ziemlich überfordert von all den steuerlichen Fragen, die plötzlich aufkamen. Wo früher nur die klassische Abgeltungsteuer eine Rolle spielte, kommen bei nachhaltigen Anlagen oft zusätzliche Aspekte ins Spiel – von der Quellensteuer bei internationalen grünen Bonds bis hin zu speziellen Regelungen bei Photovoltaik-Direktinvestments.
In diesem Artikel schauen wir uns gemeinsam an, welche steuerlichen Fallstricke und Chancen bei nachhaltigen Geldanlagen auf dich warten. Spoiler: Es ist komplizierter als gedacht, aber mit dem richtigen Wissen lässt sich eine Menge Geld sparen.
Die Grundlagen: Abgeltungsteuer und Quellensteuer bei nachhaltigen Investments
Fangen wir mal mit den Basics an. Auch bei nachhaltigen Geldanlagen greift grundsätzlich die Abgeltungsteuer, die bei 25 Prozent (plus Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer) liegt. Das kennst du wahrscheinlich schon von deinen anderen Investments. Aber hier wird’s interessant: Viele nachhaltige Fonds und ETFs investieren international, und da kommt oft die Quellensteuer ins Spiel.
Die Quellensteuer wird direkt im Ausland auf deine Erträge einbehalten, bevor sie überhaupt in Deutschland ankommen. Das kann bei grünen Investments besonders relevant sein, weil viele ESG-Fonds stark international diversifiziert sind. Skandinavische grüne Bonds, amerikanische Clean-Tech-Aktien oder asiatische Solarunternehmen – überall lauern unterschiedliche Quellensteuersätze.
Das Gute ist: Durch Doppelbesteuerungsabkommen lässt sich oft ein Teil der Quellensteuer auf die deutsche Abgeltungsteuer anrechnen. Aber Achtung – das funktioniert nicht automatisch und nicht immer vollständig. Hier solltest du dich mit dem DBA Guide vertraut machen, um zu verstehen, welche Abkommen Deutschland mit verschiedenen Ländern hat.
Steuerstundung und Verlustverrechnung: Deine Gestaltungsmöglichkeiten
Ein Thema, das viele übersehen, ist die Steuerstundung. Bei thesaurierenden nachhaltigen Fonds kannst du Steuern auf Gewinne erst mal nach hinten schieben – solange du nicht verkaufst, fallen keine Steuern an. Das ist besonders bei nachhaltigen Investments interessant, weil diese oft eine langfristige Anlagestrategie verfolgen.
Aber was passiert, wenn’s mal nicht so läuft? Auch grüne Investments können Verluste machen – das habe ich 2022 am eigenen Leib erfahren, als meine Wind-Aktien ziemlich abgestürzt sind. Hier kommt die Verlustverrechnung ins Spiel. Verluste aus nachhaltigen Kapitalanlagen lassen sich mit Gewinnen verrechnen, allerdings gibt es da ein paar Tücken.
Seit 2021 können Verluste aus Aktiengeschäften nur noch mit Aktiengewinnen verrechnet werden, nicht mehr mit anderen Kapitalerträgen. Das bedeutet: Wenn dein nachhaltiger Aktien-ETF Verluste macht, kannst du diese nicht mit Zinserträgen aus grünen Anleihen verrechnen. Klingt kompliziert? Ist es auch, aber mit der richtigen Strategie lässt sich trotzdem einiges rausholen.
Kirchensteuer minimieren bei nachhaltigen Anlagen
Hier wird’s richtig interessant für alle, die Kirchenmitglied sind. Die Kirchensteuer auf Kapitalerträge kann bei größeren nachhaltigen Portfolios richtig ins Geld gehen. Aber es gibt legale Wege, die Kirchensteuer zu reduzieren, ohne gleich aus der Kirche auszutreten.
Eine Möglichkeit ist der berühmte „Widerspruch gegen den automatischen Kirchensteuerabzug“ bei der Bank. Dann musst du die Kirchensteuer zwar nachträglich in deiner Steuererklärung angeben, hast aber bis dahin mehr Liquidität zur Verfügung. Bei größeren nachhaltigen Investments kann das durchaus sinnvoll sein.
Ein anderer Ansatz sind Schenkungen oder Spenden an kirchliche Organisationen mit Nachhaltigkeitsbezug. Klingt paradox, kann aber steuerlich günstiger sein als die automatische Kirchensteuer auf deine grünen Kapitalerträge.
Spenden und Gemeinwohl: Wenn Nachhaltigkeit doppelt wirkt
Apropos Spenden: Der Spendenabzug kann bei nachhaltigen Anlegern richtig interessant werden. Viele, die in grüne Investments setzen, spenden auch gerne für Umwelt- oder Sozialzwecke. Bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte kannst du als Spenden absetzen.
Noch einen Schritt weiter geht die Gemeinwohl-Stiftung. Hier wird’s richtig spannend für alle, die größere Summen nachhaltig anlegen wollen. Über eine gemeinnützige Stiftung lassen sich nicht nur Steuern sparen, sondern auch gezielt nachhaltige Projekte fördern. Die Einlage in eine Gemeinwohl-Stiftung ist oft steuerlich absetzbar, und die Erträge der Stiftung sind meist steuerfrei, solange sie für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
Das ist natürlich nicht für jeden was – du brauchst schon eine gewisse Summe und solltest langfristig denken. Aber für größere nachhaltige Portfolios kann das eine echte Alternative sein.
Photovoltaik und direkte grüne Investments
Ein Bereich, der steuerlich komplett anders funktioniert, sind direkte Investments in Photovoltaik-Anlagen. Die PV-Steuer hat ihre ganz eigenen Regeln. Anders als bei Finanzprodukten fällst du hier oft in die Einkommensteuer statt in die Abgeltungsteuer.
Bei eigenen PV-Anlagen oder Beteiligungen an Solarparks wirst du schnell zum Gewerbetreibenden oder zumindest zum Betreiber einer Einkunftsart nach § 21 EStG. Das bringt andere steuerliche Möglichkeiten mit sich: Du kannst Abschreibungen geltend machen, Betriebsausgaben absetzen und hast andere Gestaltungsmöglichkeiten.
Besonders interessant: Seit 2023 sind kleine PV-Anlagen bis 30 kWp oft komplett von der Einkommensteuer befreit. Das macht Photovoltaik als nachhaltige Geldanlage steuerlich noch attraktiver.
Transparenz und Compliance: Was du beachten musst
Mit größeren nachhaltigen Investments kommen auch Pflichten. Das Transparenzregister betrifft dich zwar meist nur bei direkten Beteiligungen an Unternehmen oder Projekten, aber es schadet nicht, davon zu wissen.
Wenn du zum Beispiel über eine Kommanditgesellschaft in Windparks investierst oder direkt an nachhaltigen Startups beteiligt bist, können Meldepflichten entstehen. Das Transparenzregister soll Geldwäsche verhindern und die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen offenlegen.
Praktische Tipps für deine Steuerstrategie
Nach all der Theorie kommen wir jetzt zu den praktischen Sachen, die du wirklich umsetzen kannst:
Depot-Struktur optimieren: Überlege dir, ob du verschiedene Depots für verschiedene Anlagetypen nutzt. Ein Depot für internationale nachhaltige ETFs (wegen der Quellensteuer), ein anderes für deutsche grüne Aktien.
Timing beachten: Verkäufe und Käufe geschickt über Jahresgrenzen zu verteilen kann bei der Steuerlast helfen. Besonders wenn du den Freistellungsauftrag noch nicht voll ausgeschöpft hast.
Dokumentation: Führe genau Buch über deine nachhaltigen Investments. Bei internationalen Anlagen kann die Quellensteuer-Anrechnung kompliziert werden, und du brauchst alle Belege.
Freistellungsaufträge: Die 1.000 Euro Sparerfreibetrag (2.000 Euro bei Zusammenveranlagung) solltest du optimal auf deine Depots verteilen. Bei nachhaltigen Investments mit regelmäßigen Ausschüttungen ist das besonders wichtig.
Ausblick: Was sich ändern könnte
Die Steuergesetzgebung bei nachhaltigen Geldanlagen ist noch relativ jung und entwickelt sich ständig weiter. Es gibt immer wieder Diskussionen über weitere Steuervergünstigungen für grüne Investments oder schärfere Regeln für „Greenwashing“.
Ein Trend, den ich beobachte: Der Gesetzgeber wird wahrscheinlich nachhaltige Investments steuerlich noch attraktiver machen. Gleichzeitig werden die Regeln aber auch komplexer, weil echte Nachhaltigkeit von reinem Marketing unterschieden werden muss.
Fazit: Nachhaltig investieren und Steuern sparen
Steuerliche Aspekte bei nachhaltigen Geldanlagen sind definitiv komplexer als bei klassischen Investments, aber mit dem richtigen Wissen lässt sich eine Menge herausholen. Die wichtigsten Punkte nochmal zusammengefasst:
- Quellensteuer bei internationalen nachhaltigen Fonds im Blick behalten
- Verlustverrechnung strategisch nutzen, aber neue Regeln beachten
- Kirchensteuer-Optimierung kann sich lohnen
- Spenden und Stiftungen als Ergänzung zur nachhaltigen Anlagestrategie
- Direkte grüne Investments (wie PV) haben andere steuerliche Regeln
- Dokumentation und Compliance nicht vergessen
Mein Rat: Lass dich nicht von der Komplexität abschrecken, aber hol dir professionelle Hilfe, wenn dein nachhaltiges Portfolio größer wird. Ein Steuerberater, der sich mit nachhaltigen Geldanlagen auskennt, kann dir oft mehr sparen als er kostet.
Am Ende des Tages geht es ja nicht nur um die Rendite, sondern auch darum, dass dein Geld etwas Sinnvolles bewirkt – und wenn du dabei auch noch Steuern sparst, ist das ein schöner Nebeneffekt.
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